Bericht

„Wir sind oft der einzige Gesprächspartner“

2021

„Auch wir stoßen mitunter an unsere Leistungsgrenzen. Doch wir sind für viele unserer Dienstleistungsnehmer der einzige Anker in dieser bewegten Zeit der Pandemie mit Ausgangs- und Kontaktsperren. Aus diesem Grund halten wir durch!"
Christophe Ponkalo
Geschäftsführer der SOS-Hilfe VoG. Ostbelgien

Ostbelgien.- Der Sozialbetrieb „SOS-Hilfe“ ist einer der verlässlichen Ansprechpartner für Haushaltshilfe, Kleinreparaturen und Gartenarbeit in Ostbelgien. Für die professionelle Betreuung in den diversen Bereichen stehen 24 Haushaltshilfen sowie 15 versierte Handwerker zur Verfügung, die von insgesamt 7 Personen verwaltet und koordiniert werden. Für viele, vor allem betagte Mitmenschen, ist die Arbeit von SOS-Hilfe Ostbelgien die einzige Möglichkeit, das Leben innerhalb der eigenen vier Wände zu bestreiten. Die COVID19-Pandemie erwies sich jedoch als jähe Zäsur, wurde doch gerade diese direkte Betreuung infrage gestellt.

“Wir waren der einzige Dienst, der während der gesamten bisherigen Pandemie-Phase mit Ausgangssperre und Kontaktverboten aktiv blieb. Das war uns sehr wichtig, da wir als Dienstleister vor allem sehr alte, behinderte und kranke Menschen betreuen, die sonst niemanden haben und somit auf uns angewiesen sind“, erklärte der SOS-Hilfe-Geschäftsführer Christophe Ponkalo.

Stets operationell geblieben

Natürlich sei diese Arbeit mit Menschen einer direkten Risikogruppe prekär, meinte Ponkalo weiter, der in den vergangenen Wochen alle Hebel in Bewegung setzte um eine bestmögliche Aufklärung seines Personals aber auch diverse Schutzmaßnahmen zu garantieren. Mit der König-Baudouin-Stiftung und dem „Dr. Daniël De Coninck-Fonds - COVID 19“ fand der ostbelgische Sozialbetrieb jedoch einen verlässlichen Partner um die diversen Maßnahmen „anzuschieben“. In einem ersten Schritt wollten die SOS-Hilfe-Verantwortlichen den Schutz der Mitarbeiter und auch den der Dienstleistungsempfänger garantieren. „Da wir an vorderster Front arbeiten und somit in direktem Kontakt mit den Risikogruppen sind, hieß es entsprechende Schutzkleidungen und Desinfektionsmittel zur Verfügung zu stellen“, so Christophe Ponkalo. Neben Handschuhen, FFP2- und Stoffüberziehmasken und hydro-alkoholischem Gel wurden ebenfalls integrale Schutzanzüge für bereits kontaminierte Kunden angeschafft.

Fokus liegt derzeit mehr auf Sozialarbeit

Die Arbeit vor Ort habe sich laut Ponkalo grundlegend verändert, da der Schwerpunkt weniger auf die Haushaltshilfe als vielmehr auf die Sozialarbeit, sprich den direkten Kontakt mit den Kunden gelegt werde. „Unsere Mitarbeiter kümmern sich um die verschiedenen Besorgungen, Verwaltungsangelegenheiten und nehmen sich vermehrt Zeit, um mit den Leuten zu reden und ihre Situation zu hinterfragen. Unsere Aufgabe als Sozialarbeiter ist durch die Pandemie mehr in den Vordergrund gerückt worden. Wenn wir akuten Handlungsbedarf bei Senioren oder aber alleinerziehenden Elternteilen feststellen, können wir so gezielt andere Begleitdienste einschalten um schnelle Hilfe zu gewährleisten“. Für die meisten Kunden, vorwiegend finanziell benachteiligte Senioren mit körperlichen Beeinträchtigungen, stellt der Besuch der SOS-Mitarbeiter mitunter den einzigen sozialen Kontakt dar. „Für viele wird die Zeit der Ausgangs- und Kontaktsperre allmählich lang und unerträglich, so dass sich psychische Probleme zwangsläufig einstellen. Hier versuchen unsere Mitarbeiter dann ebenfalls vorbeugend einzugreifen“.

Ängste und Verunsicherung

Doch trotz der verbesserten Schutzmaßnahmen durch den Ankauf von Material und Equipment macht sich auch bei den Mitarbeitern der SOS-Hilfe Angst und Verunsicherung breit. „Die Angst ist immer präsent, auch bei der Arbeit. Und das belastet unsere Mitarbeiter, wenngleich sie im Normalfall von einem hauseigenen Sozialdienst betreut und beraten werden. Die Pandemie rückt aber plötzlich ganz andere Themen wie den Umgang mit dem Tod, die Fremdgefährdung, die Gefährdung der eigenen Familie und viele andere mehr in den Vordergrund. Diese Ungewissheit und Unsicherheit mit einem unterschwelligen Gefühl der Ohnmacht bewegt die Mitarbeiter ungemein. Somit sind posttraumatische Belastungsstörungen laut unserer Recherchen bereits vorprogrammiert.“ Aus diesem Grund entschieden sich die SOS-Hilfe-Verantwortlichen für ein externes Coaching, das sich an alle Personalmitglieder richtet. „Wir legen hierbei einen großen Wert auf die Freiwilligkeit dieser externen Betreuung und verlangen von den Coaches keinerlei Mitteilungen und Feedbacks. Die Gespräche und Beratungen haben nicht direkt etwas mit dem Beruf zu tun, haben aber deutliche Auswirkungen auf den Beruf“, erklärte Christophe Ponkalo. Die Experten, die die SOS-Hilfe lokal und regional rekrutieren konnte und den Sozialbetrieb bereits in seinen Grundzügen kennen, rufen hierbei die Mitarbeiter an und vereinbaren bei dieser ersten Kontaktnahme die gewünschte Arbeitsweise. Das kann über digitale Medien wie Skype, FaceTime oder WhatsApp aber auch ganz persönlich bei einem Spaziergang durch die Natur unter Einhaltung der „Social Distancy“ geschehen.

„Gefühlte Freiheit"

Ziel der Maßnahme ist es, den Mitarbeitern persönliche Unterstützung zu bieten damit sie moralisch und psychisch unbeschadet die derzeitige Pandemie überstehen. Hierbei geht es natürlich auch um technische Fragen rund um COVID19 aber vor allem um die moralische Unterstützung durch persönliche Gespräche. Die ersten Feedbacks sind bemerkenswert und zeigten deutlich, dass die Maßnahme für alle Beteiligten hilfreich und daher auch stärkend sei. „Vor allem die so genannte „gefühlte Freiheit“ dieses Coachings trägt reiche Früchte, da dieses vom Sozialbetrieb losgelöste Gespräch so in unserem Dienst nicht verankert ist und auch nicht verankert sein kann“, meinte Christophe Ponkalo weiter. Nun stelle sich zudem heraus, dass die COVID19-Krise die Gesellschaft noch für längere Zeit in Atem halte, so dass die SOS-Hilfe zusammen mit anderen Einrichtungen der DG nach geeigneten Folgeprojekten Ausschau halte, damit die laut Forschung wahrscheinlichen posttraumatischen Belastungsstörungen nicht zu Depressionen oder Burnouts bei den Mitarbeitern führen. „Die KBS ist somit ein toller Impulsgeber, so dass wir weitere externe Schritte mit der öffentlichen Hand planen. Erste Gespräche in die diese Richtung sind bereits angelaufen.“ Auch in Sachen Schutzkleidung und Desinfektionsmittel habe die DG bereits Möglichkeiten geschaffen, auf die die Sozialbetriebe in Zukunft zurückgreifen können. Derzeit nehmen 295 Personen die Dienstleistungen im Segment der Haushaltshilfe in Anspruch, während die Sparte Gartenarbeit, Renovierung und Reparaturen 185 Dienstleistungssuchende betreut.

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