Bericht

Mit dem Rollstuhl über die Langstrecke

Der Lauf- und Mentaltrainer Andy Emonts aus Eupen hat sich das Motto "Das Richtige tun, statt die Dinge richtig zu tun" des renommierten Managers Peter Drucker zu Herzen genommen. Dank des Helmut-Kohl-Fonds, der von der König-Baudouin-Stiftung verwaltet wird, konnte der Verein EmDyGo einen Rollstuhl erwerben, der speziell für das Laufen konzipiert wurde. Der Fonds unterstützt seit mehreren Jahren Projekte, die Menschen mit Behinderungen, benachteiligten Menschen und älteren Menschen im deutschsprachigen Raum konkrete Hilfe bieten.

Im Jahr 2019 hat sich Andy Emonts mehrere Monate auf den Köln Marathon vorbereitet und stieß dabei an seine eigenen körperlichen Grenzen. „Trotz Vorbereitung habe ich das Rennen nur unter Strapazen absolviert und mir die Frage gestellt, welchen Sinn es hat, meinen eigenen Bestleistungen hinterherzujagen“, erinnert sich der 52-Jährige. Bei diesem Lauf sah er einen an Multipler Sklerose erkrankten Mann, der von seinen Freunden in einem speziellen Rennrollstuhl geschoben wurde. „Er sah glücklich und zufrieden aus, dass mir das Bild nicht mehr aus dem Kopf gegangen ist“, sagt Andy Emonts.

Soziales Engagement statt Bestmarken

Die Idee, etwas Ähnliches in Ostbelgien zu initiieren, sei damals gereift, so dass die schwere Erkrankung seines Vaters der Auslöser für die Umsetzung war. „Mein Vater ist im November verstorben. Es machte mich traurig mit anzusehen, wie er im Rollstuhl keinen Halt mehr hatte und stets zur Seite kippte. Sein Tod war der Beginn eines neuen Kapitels in meinem Leben.“ Als eine Art persönliche Trauerbewältigung wollte Andy Emonts seine ganze Energie einsetzen, um Menschen mit körperlicher und/oder geistiger Behinderung die Faszination des Laufens näherzubringen. Durch seine Teilnahmen an Laufwettbewerben kannte Andy die Lauffreunde von Sit-Run aus Verviers, die mit Spezial-Rollstühlen behinderte Menschen auf die Laufstrecke bringen, und bot seine Mitarbeit an. „Sit-Run Verviers möchte als Verein nicht mehr als 15 Mitglieder haben, so dass ich gezwungen war, meinen Traum selbst zu verwirklichen“. Schnell waren Laufbegeisterte zwischen 22 und 63 Jahren gefunden und „EmDyGo“ konnte gegründet werden. Der Vereinsname ist eine Abkürzung für „EMonts AnDY Go“.

21 Mitglieder

Aktuell zählt der Lauftreff 21 Mitglieder. „Mein Freund Johannes Seel half mir sehr bei der Gründung des Vereins und stellte den Kontakt zur König-Baudouin-Stiftung her. Diese stellte Mittel zur Realisierung dieses Inklusionsprojektes zur Verfügung“, so der Laufbegeisterte. Die KBS unterstützte das Projekt mit Mitteln des Helmut-Kohl-Fonds in Höhe von 7.000 Euro. „Das war eine tolle Anschubhilfe und sorgte dafür, dass wir schnell in aller Munde waren, Vereine bei uns anklopften und ihr Interesse an einer Kooperation bekundeten“. Sowohl Alteo Eupen als auch Viva Ostbelgien begrüßten die Maßnahme und sagten ihre Unterstützung bei der Vermittlung und Betreuung der Teilnehmenden zu. Im Januar wurde es konkret, der Rollstuhl bestellt und der Verein gegründet. „Ja, wir haben keine Zeit verloren und sind sofort gestartet. Neben der sportlichen Vorbereitung war es auch wichtig, einen geeigneten Kandidaten zu finden.“ Die Wahl fiel auf die 25-jährige Chloé Xhonneux, für die eine Rennteilnahme schier unmöglich ist. EmDyGo möchte Menschen mit Behinderung die Möglichkeit geben, die Atmosphäre eines Volkslaufes live mitzuerleben.

„Das war ein tolles Gefühl“

Und Chloé Xhonneux hat ihre Teilnahme am Eupener Osterlauf über die 6-Kilometer-Distanz in vollen Zügen genossen: „Es war super, alle haben geklatscht, es war ein tolles Gefühl“ Auch die Mitglieder von EmDyGo zeigten sich nach der Premiere begeistert und in ihrem Projekt bestätigt: „Das Laufen in einer herrlichen Naturlandschaft, die Gespräche untereinander und vor allem die Anfeuerungsrufe am Streckenrand haben uns motiviert“, sagte der Iron-Man-Teilnehmer Michael Kirch, während Andy Emonts von einem „wahr gewordenen Traum“ sprach. Mit diesem Premierenerfolg im Rücken will das Team die kommenden Laufwettbewerbe mit ungebremster Dynamik angehen. „Wir haben einige Interessenten, die sich von uns begleiten lassen möchten“, so der Initiator, der mit seinem Team und einem beeinträchtigten Ostbelgier am 26. Mai beim Halbmarathon in Brüssel an den Start gehen will. Der Lauf des Lebens (22. und 23. Juni), der Talsperrenlauf (21. September), der Kölner Halbmarathon (6. Oktober), der „Jogging de Baelen" (14. August) und der ELA-Lauf in Lontzen (27. September) zur Unterstützung von Leukodystrophie-Erkrankten sind weitere feste Termine. Mit einem herkömmlichen Rollstuhl hat das Gefährt nicht viel gemein. Der dreirädrige Rollstuhl ist eine Spezialanfertigung und bietet allerlei Komfort. Ein Kissen, das sich dem Körper anpasst, und eine höhenverstellbare Kopfstütze sorgen für die nötige Stabilität. Außerdem ist der Rollstuhl mit Sonnendach, Regenschutz und Beinsack für kältere Tage gut ausgestattet. Der Rollstuhl ist wendig und leicht und lässt sich laut Andy Emonts auf ebener Strecke „mit einem Finger bewegen". Der Stuhl lässt sich mit wenigen Handgriffen zusammenklappen und passt in jeden Kofferraum.

Eigenes Rennen organisieren

Der Rollstuhl wird von fünf Personen bedient. „Drei Mitglieder schieben und bremsen, zwei laufen vor und ziehen“, erklärte Andy Emonts, der sich auch bei den vielen Freiwilligen bedankte, die sich um Wartung (Velosophie) und administrative Aufgaben kümmern. „Meine Frau Nadine ist mir eine große Hilfe und die gute Seele der VoG“. Für die Rollstuhlfahrer ist das Angebot von EmDyGo kostenlos, während die Mitglieder einen Jahresbeitrag von 25 € entrichten. Damit werden die Startgelder sowie die Versicherung finanziert. „Es ist eine Win-Win-Situation, denn die Menschen mit Behinderung kommen auf ihre Kosten, während wir als Läuferinnen und Läufer Teamgeist sowie ein Höchstmaß an Achtsamkeit untereinander entwickeln“. Nach diesen ersten vielversprechenden Erfolgen sind Andy Emonts und sein gesamtes Team voller Tatendrang, so dass der Wunsch nach einem zweiten Stuhl geäußert wurde. „Ja, das ist eine Überlegung für die nahe Zukunft, obwohl ich mit der Organisation eines eigenen Rennens, vielleicht schon 2025, noch ein anderes Ziel verfolge“, so Andy Emonts. Wer dem Verein als Läufer beitreten oder das Angebot nutzen möchte, kann sich per E-Mail an emdygo@outlook.com wenden.

Hippocampe Rollstuhl-Marathon

"Der größte Lohn für unsere Initiative sind die leuchtenden Augen der beeinträchtigten Menschen."
Andy Emonts
Lauf- und Mentaltrainer aus Eupen

Der Hippocampe Marathon ist ein Rollstuhl, der speziell für das Laufen und den Marathon entwickelt wurde. Der Rollstuhl ermöglicht die Teilnahme an Laufveranstaltungen zu zweit oder im Team und wurde in Zusammenarbeit mit Rollstuhlfahrern und Läufern für den Einsatz auf der Straße entwickelt. Dank kugelgelagerter Räder, Scheibenbremsen und einer ergonomischen Schubstange lässt sich der Marathon leicht beschleunigen. Durch die niedrige Sitzposition bleibt er auch in Kurven stabil und komfortabel. Die Scheibenbremsen sorgen für eine effektive Verzögerung. Dank des innovativen Bremssystems und der abnehmbaren Schubstange lässt sich der Wander- und Laufrollstuhl leicht zerlegen und transportieren. Sicherheitsnetz, Armlehnen, Armlehnennetz und Sicherheitsleine, Hinterräder, Bauchgurt, Brustgurt, Lagerungskissen, Thermosack, Kopfstütze und Transporttasche sorgen für perfekten Fahrspaß.

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